‚‚Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder…‘‘ Von allen vier Jahreszeiten bietet der Herbst bei weitem die meisten Farben, wenn sich das sommerliche Grün des Laubes ins Gelbe und Rote verwandelt. Woher kommen die Herbstfarben?


Grüne Pflanzen decken ihren Energiebedarf vollständig über das Sonnenlicht. Über mehrere biochemische Reaktionen, die zusammenfassend als Fotosynthese bezeichnet werden, schaffen sie es, das energiearme CO2 mit Hilfe von Licht zu energiereichen Zuckermolekülen (Glucose) zusammenzu­setzen.1Als Nebeneffekt wandelt die Pflanze bei der Fotosynthese Wasser in molekularen Sauerstoff um, den wir tagtäglich atmen. Aus der Glucose kann die Pflanze dann viele andere Stoffe – von Bestandteilen der Zellwände, über Fruchtzucker bis hin zu Duft- und Blütenfarbstoffen – aufbauen. Zudem ist die Glucose ein guter Energielieferant.

Chlorophyll als ‚‚Solarzelle‘‘

Die ‚‚Solarzellen‘‘ der Fotosynthese sind Lichtsammelkomplexe mit Farbpigmenten wie Chlorophyll und Carotinoiden. Wirft man einen Blick auf die Strukturformeln dieser Moleküle, so fällt auf, dass sie sehr viele Doppelbindungen besitzen. Die sind das Geheimnis der Energiegewinnung – und das der Farbe.

Chlorophyll a.
Lutein, ein Carotinoid.

Durch die Doppelbindungen sind die Unterschiede zwischen den Energieniveaus der Elektronen im Molekül klein genug, um die Elektronen mit der Energie des sichtbaren Lichts hin- und herspringen zu lassen. Auf diese Weise wird das Sonnenlicht in chemische Energie umgewandelt. Da nur bestimmte Lichtfrequenz-, und damit Farbbereiche die Moleküle anregen können, wird das weiße Sonnenlicht, das aus allen Farben besteht, gefiltert. Die Substanz erscheint nicht durchsichtig oder weiß, sondern farbig.

Chlorophyll wird recycelt

Im Frühling und Sommer, wenn die Pflanzen das Sonnenlicht nutzen, um Fotosynthese zu betreiben, sind die Blätter der Bäume grün, weil das Chlorophyll in den Blattzellen den blauen und roten Farbbereich des Lichtspektrums absorbiert, grüne Strahlung aber durchgelassen oder reflektiert wird. Wenn es auf die kalte Jahreszeit zugeht, in der es weniger Sonnenstunden gibt und die Blätter zu erfrieren drohen, wird das Chlorophyll abgebaut, um die wertvollen Stickstoffatome2Wer findet sie in der Struktur? zu recyclen. Übrig bleiben die Carotinoide und andere Stoffe, die gelbes und rotes Licht sehr gut passieren lassen. Hinzu kommen Anthocyane, die während des Chlorophyll-Abbaus gebildet werden und ebenfalls zur roten Farbe beitragen. Die Blätter werden gelb, rot oder braun, bevor der Baum sie schließlich abwirft.


Zum Weiterlesen

📖 U. Lüttge, M. Kluge, G. Thiel: Botanik : die umfassende Biologie der Pflanzen , Viley-VCH

Woher kommen die Herbstfarben?
Markiert in:         

Schreibe einen Kommentar