Ob Spaghetti, Penne oder Spätzle – eines scheint beim Kochen von Nudeln selbstverständlich: die Pasta wird in gesalzenes Wasser gegeben. Ein Grund, den man dabei häufig hört: Salzwasser koche bei höherer Temperatur. Aber spielt diese Temperaturerhöhung überhaupt eine Rolle?


Um zu erklären, wie Salz den Siedepunkt von Wasser verändert, müssen wir zunächst einen genaueren Blick in den Topf mit Wasser werfen. Was beim Kochen nämlich passiert, ist eine Änderung des Aggregatzustandes des Wassers von flüssig zu gasförmig. Wann das passiert, hängt dabei von der Temperatur und vom Druck ab. Erhitzt man Wasser, so bekommen die einzelnen Moleküle mehr Energie und bewegen sich schneller. Bei etwa 100 °C haben sie genug Energie, um zu verdampfen. Heißer kann das flüssige Wasser also nicht werden.

Erhöht man dahingegen den Druck, gehen die Wassermoleküle lieber in den flüssigen Zustand, weil ein Gas „mehr Platz braucht“. Das Wasser kocht dann erst bei höherer Temperatur.1Mit diesem Trick funktioniert übrigens ein Schnellkopftoch, in dem man Gerichte bei bis zu 119 °C garen kann. Ist der Luftdruck dagegen gering, zum Beispiel in höheren Lagen, kocht das Wasser schon bei niedrigeren Temperaturen.

Salz erhöht die Entropie

Auch ein gelöster Stoff, wie normales Kochsalz, hat einen Einfluss auf den vom Wasser bevorzugten Zustand. Allein durch die Anwesenheit der gelösten Teilchen im flüssigen Wasser erhöht sich dort die „Unordnung“, die Entropie. Durch diese zusätzliche Entropie ist der flüssige Zustand leichter begünstigt. Um nun das Wasser zum Kochen zu bringen, muss man die Temperatur weiter erhöhen.

Temperaturerhöhung ist gering

Die Auswirkungen dieses Effekts auf die Kochtemperatur von Wasser kann man mit ein paar Vereinfachungen wie folgt berechnen:

    \[ \Delta T = 0,513 ~ \dfrac{\mathrm{K} \cdot \mathrm{kg}}{\mathrm{mol}} \cdot b \]

Die 0,513 K · kg / mol sind dabei ein spezifischer Wert für Wasser, die sogenannte ebullioskopische Konstante. Der Temperaturunterschied \Delta T beim Kochen des Wassers ist damit nur von b, nämlich der Anzahl der gelösten Teilchen pro kg Wasser abhängig.2Auch nicht von der Art der Teilchen. Wer seine Nudeln lieber süßt, könnte also auch Zucker verwenden.

Eine bekannte italienische Nudelmarke empfiehlt auf ihren blauen Pappverpackungen 9 g Salz pro Liter Wasser3Das entspricht übrigens genau einer isotonischen Kochsalzlösung, wie sie beispielsweise für Infusionen verwendet wird.. Das sind ungefähr zwei Teelöffel und insgesamt 1,9 · 1023 gelöste Teilchen4190 000 000 000 000 000 000 000 Stück (= 0,308 mol). Setzen wir diese Zahl in unsere Gleichung ein, erhalten wir einen Temperaturunterschied von 0,16 °C. Durch das Salz wird die Temperatur also um weniger als ein Fünftel Grad erhöht. Viel ist das nicht, wenn man bedenkt, dass sich der Siedepunkt von Wasser allein durch unterschiedlichen Luftdruck stark verändern kann.

Wetterlage hat größeren Einfluss

Als das Sturmtief Herwart vor einigen Tagen über Deutschland hinwegzog, fiel der Luftdruck in Hamburg innerhalb von 36 Stunden von 1024 hPa auf 990 hPa527.10.2017, 17 Uhr – 29.10.2017, 2 Uhr
Daten: meteostat/NOAA
Berechnung: WolframAlpha
; dabei sank die Siedetemperatur von Wasser von 100,3 °C auf 99,3 °C.

Noch größer sind die regionalen Unterschiede: Während in Düsseldorf das Wasser im Oktober durchschnittlich bei 100,0 °C kochte, mussten die Münchner ihre Nudeln bei 98,7 °C 6Düsseldorf-Flughafen: 1014 hPa
München-Flughafen: 969 hPa
Daten: DWD
Berechnung: WolframAlpha
zubereiten. Wollte man diese Differenz durch Salz ausgleichen, müsste man 74 g, also etwa fünf Esslöffel Salz auf einen Liter Wasser geben. Ob die Nudeln dann allerdings noch schmecken, ist fraglich.

Zur Erhöhung der Kochtemperatur eignet sich Salz also kaum. Denkbar wäre, dass es verhindert, dass die Nudeln zu viel Wasser aufnehmen. Und nicht zuletzt trägt es zu einem guten Geschmack bei. Aber das ist ein anderes Thema.


Zum Weiterlesen

📖 Peter Atkins und Julio de Paula: Physikalische Chemie, Viley-VCH
 

Erhöht Salz im Nudelwasser die Kochtemperatur?
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